Büttenpredigt von Pfr. Stephan Eschenbacher

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Bild: Bruno/Germany auf Pixabay

Liebe Schwestern und Brüder!

Des kann nur ä Narr sei, des is doch gewiss,
der so was sächt, was heut im Evangelium zu lesen is.
Ich will’s noch ä mal wiederhol, dass jeder wess worum’s get,
Ä bisslä einfacher formuliert – und auf fränkisch – damit’s a jeder versteht.
“Wenn dir eener auf dei rechte Back’n haut, egal warum und wie,
dann denk net lang nach, dann halt dem a die annere hie.
Wenn dir eener dein Kittel wegnemm will im Nu,
dann schenk ihm a dein Frack obendrauf dazu.
Wenn jemand von dir was leih will, und sei es dein liebstes Stück,
geb’s nä, a wenn du wesst, du kriegst des nimmer zurück.”
(da muss ich was klarstell, damit sich eener net was Falsches ersehnt,
mit “liebstes Stück” is in dem Fall net die eigene Fraa gemehnt.)
Und dann noch: “Sei zu allen lieb und vor allem zu deinen Feinden nett!”
wenn des kee Narretei is, dann wes ich net.

Aber vielleicht wird grad deswegen, liebe Närrinnen und Narrhalesen,
heut am Faschingssonntag genau des Evangelium vorgelesen.
Wenn ich des läs, ich sach’s euch, bin ich gar net entzückt,
des is doch… mir fällt nix annersch ei, des is doch verrückt.
Wenn ich danach handl, ich kanns euch sach,
würd ich mich doch glatt zum “Deppen für alle” mach.
Wenn zum Beispiel von meim Nachbarn, von seim Strauch, ä Zweiglä sich zwee Zentimeter in mei Grundstück neireckt,
da soll ich mich net aufrech, weil denn sei sch…. schöna Baum mein ganzen Garten verdreckt?
Soll ich dann am End noch zu nä sach, dafür fehlt mir der Sinn jetzt ganz:
“Pass auf, du könnast dein Bam a in mein Garten neipflanz!”
Oder äs kummt eener zu dir und fragt: Könnst mer net bitte dein Bohrer gebn,
und du wesst genau, der hat in seiner Garage scho dein Hammer und dein Laubläser stehn,
da wärst dä doch blöd, wennst nä des a noch geb würd’st, da hästa än Schuss,
und am End stellt sich noch raus des is ä Zeiler… ne also irgendwann ist wirklich Schluss.

Doch in diesen Zeiten, ihr Leut, da hilft kee Blödsinn mehr,
da müssn mir leider bei so äm Text a ä bisslä ernster wär.
Wenn ein Land ein andres überfällt, um es auszurotten, des is mei Frag,
kann mer dann mit der Bergpredigt ernsthaft noch Realpolitik mach?
Hät der Putin sich aufhalt lass in seim Angriffskrieg, darauf könnt ich wett,
wenn die Ukrainer ihn mit Blümli begrüßt hätten, anstatt mit Waffen – wahrscheinich net.
Doch sind beide Völker christlich, red mer net drum rum,
drum ham auch beide Völker genau den Text von heut als Evangelium.
Von Putin kann mers vielleicht net erwart, aber von einem der sich “Patriarch von Moskau” nennt,
von dem könnt mer scho erwart, dass er sei Evangelium kennt.
Kyril, geistliches Oberhaupt und ehemaliger KGB-Agent,
ich wess noch, Kyrill, so hat mer bei uns ä mal än Orkan genennt.
Es stellt sich also ernsthaft die Frag: kummä mir bei solchä verwirrte Geister,
mit Jesus und seim Evangelium vom gewaltlosen Widerstand wirklich weiter?
Wobei es hat scho funktioniert, des will ich beton,
zum Beispiel beim Gandhi und in der DDR, bei der friedlichen Revolution.
Und trotzdem fragen sich viele, und die Frag is berechtigt und wird net unterdrückt,
is der Jesus mit seiner Botschaft net ä bisslä realitätsfremd, a bisslä verrückt?
Jetzt stellt euch ä mal vor, äs kummt ä kleens, grüns Männlä aus’m Weltall – gar net dumm,
mit seim Raumschiff zu uns auf die Erd, und schaut sich ä weng um.
Und sieht zwee Türn, und macht mit seinä kleene Ärmli die erste Tür auf,
und sieht dahinter nur glückliche Menschen und alle sin gut drauf.
Jeder achtet den annern, alle begegnen sich mit Respekt,
es geht gerecht zu, für alle is der Tisch gleichermaßen reichlich gedeckt.
Jeder von dennä ist auch sehr darauf bedacht,
die Schöpfung zu achten, dafür wird alles gemacht.
Es gibt kee Waffen, kenn Krieg, kee Hungersnot,
wenn’s Streit gibt, verzeiht eener dem annern, denn sie wissen: wir sitzen alle im gleichen Boot.
Kurz: es läfft da genauso und des is ganz toll,
wie der Jesus secht, dass es im Reich Gottes eben zugeh soll.
Dann macht des kleene, grünä Männlä die zwäte Tür auf, des is kee Beschiss,
und sieht dahinter die Welt, so wie se heut eben is.
Was gläbt ihr, würd des kleene, grünä Männlä sach – ohne dass ich ä Hellseher bin,
aber was würd des sach, auf die Frag, hinter welchä, von derrä zwee Türn, wohl die Verrückt’n sin?

Mir sehn, und da kummä jetzt wirklich gedanklich in die Tiefe,
es ist alles eine Frage der Perspektive.
Und damit is uns der Schlüssel für’s Verständnis von dem Text gegeben,
Jesus will nämlich, dass wir die Perspektive Gottes einnehmen.
Mir könna des, weil wir Kinder Gottes sin,
deshalb is ä Fünklä von Gott in jedem von uns drin.
Der Paulus secht sogar – für damals völlig ungewohnt,
dass wir der Tempel Gottes sin und der Heilige Geist in uns wohnt.
Drum wird bei jedem Festgottesdienst, wer hät’s gedacht,
a ä jeder von uns mit Weihrauch bedacht.
Jetzt is – des is mir klar – und da brauch mer net weiter frag,
der Weihrauch in der Kirch net unbedingt jedermanns Sach.
Spitzt der Minstrant mit seim Weihrauchfässlä aus der Sakristei raus – 20 Zentimeter bloß,
ich kann euch versprech, da geht des Gekulch scho los.
Und dabei is – ich schwör’s – so wahr ich hier der Pfarrer bin,
in dem Fässlä noch kee eenziges Weihrauchkörnlä drin.
Und dabei secht die Geste so viel Positives aus – ich sachs euch gern,
denn in der Antike, durften nur die Götter und der göttliche Kaiser beweihräuchert wern.
Mir Christen sagen, dass jeder Mensch Gott in sich trägt – des hat Gewicht,
drum wird jeder beweihräuchert, sogar wenn er scho im Sarg drinliegt.

Also: der Jesus gibt uns Kinder Gottes än Rat, damit ihr’s wisst:
“Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.”
Wenn wir also versuchn, jeden Tag a bisslä wie Gott im Himmel zu werden,
dann gibt’s – logischerweise – jeden Tag ä bisslä mehr den “Himmel auf Erden”.
Denn Gott liebt seine Feinde, des kann mer ganz genau daran seh:
Er lässt jeden Tag sei Sonne über Gute und Böse aufgeh.
Gott lässt sich beschimpf, von alle mögliche Leut, und tut dagegen nix,
weil ihm die menschliche Freiheit wichtiger als alles annere is.
Er beschenkt uns Menschen, jeden Tag, eins ums annere Mahl,
des is so großartig, des könnä mir ihm gar net alles zurück bezahl.
Unser Gott spielt net den Allmächt’gen, bläht sich net auf, nimmt äs Maul net voll,
unser Gott is tolerant, freiheitsliebend, friedfertig, großzügig und liebevoll.
Es liegt an uns, dass wir endlich des leb’n, was mir sin,
Kinder Gottes und deshalb wenigstens versuchen, zu handeln in SEINEM Sinn.
Wenn jeder von uns nur ä bisslä handelt im Geist und in Gottes Namen,
dann wird’s auf derrä Welt net nur besser, dann wird’s himmlich – verrückt oder? Amen.