In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus mit sch und stieg auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und siehe, es redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija… Petrus und seine Begleiter waren eingeschlafen, wurde jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht… [da] kam eine Wolke… und es erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. (vgl. Lk 9,28-35)
Liebe Schwestern und Brüder!
Es muss ein echtes Highlight gewesen sein, was die drei Jünger da im heutigen Evangelium erlebt haben; um das zu verdeutlichen, dass es sich um ein Highlight handelt, spielt die Szene auf einem Berg, nach der Tradition dem Berg Tabor.
Was war an diesem Ort so Besonderes geschehen? Die Jünger sind ja seit ihrer Berufung schon eine ganze Zeit mit Jesus unterwegs und sie werden sich ihre Gedanken gemacht haben: wer ist dieser Jesus eigentlich? Wie müssen wir ihn einschätzen?
Und dann wird in unserem Evangelium geschildert, wie offenbar genau darüber drei Jüngern in besonderer Weise die Augen aufgehen. Dieses Evangelium ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Bibel mit Symbolen arbeitet. Die Jünger schlafen zunächst und dann wachen sie auf: d.h. ihnen gehen die Augen auf und sie entdecken plötzlich eine neue Seite an Jesus. Jesus erscheint ihnen auf einmal in einem anderen Licht: “sein Gewand wurde leuchtend weiß… und sie sehen ihn in strahlendem Licht”, so drückt das die Bibel in ihrer Sprache aus.
Anschließend sehen die Jünger zwei Personen neben Jesus: Elija und Mose. Mose ist der große Befreier Israels, er hat sein Volk aus der Knechtschaft Ägyptens in die Freiheit geführt und Elija ist sein großer Prophet. Wenn nun diese beiden neben Jesus stehen, dann soll dadurch zum Ausdruck gebracht werden, inwiefern die Jünger Jesus in einem anderen Licht sehen. Ihnen geht offenbar in diesem Augenblick auf: Dieser Jesus ist ja wie Mose und Elija in einem. Er redet zu uns im Namen Gottes, wie Elija, und er ist zugleich derjenige, der uns befreit, wie Mose. Und wenn beides zutrifft, so sagt ihnen schließlich eine innere Stimme, die letztlich die Stimme Gottes ist (die Wolke ist das Symbol dafür), dann ist dieser Jesus am Ende vielleicht “Gottes auserwählter Sohn”?
Ein solches Highlight, einen solchen Glücksmoment – auch im Spirituellen – will man natürlich festhalten. Deshalb sagt Petrus: “Lasst uns drei Hütten bauen”. Aber das geht leider nicht. Plötzlich ist wieder alles normal – und doch nicht. Die drei müssen zwar wieder vom Berg herunter, aber dieses Ereignis wird sie prägen und tragen durch die nächste Zeit.
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir haben in der nächsten Woche Pfarrgemeinderatswahl. Und das Gremium, das dann gewählt wird, hat für mich sehr viel mit diesem Evangelium von heute zu tun. Die Frage ist, was hat der Pfarrgemeinderat in dieser sich verändernden Welt und Kirche für eine Aufgabe? Und meine Antwort ist: die Voraussetzungen schaffen, damit hier vor Ort für die Menschen vor Ort solche Taborerlebnisse möglich sind. Wir hören im Moment in der Kirche von “Pastoralen Räumen”, von Umstrukturierungen usw., also es geht – wieder einmal – viel um Organisation. Der Pfarrgemeinderat muss sich hier mitgenommen und informiert wissen; aber es ist aus meiner Sicht nicht sein Hauptaugenmerk. Das würde – nebenbei bemerkt – die meisten auch frustrieren.
Das Hauptaugenmerk vor Ort sollte nach meiner Meinung darauf gelenkt sein: wo und wie schaffen wir es, dass Menschen mit Jesus und seiner Botschaft in Berührung kommen, welche Aktionen, Projekte oder Räume braucht es, dass Menschen heute spüren, dass der Glaube etwas mit Licht, mit Leben, mit Befreiung (siehe Mose) zu tun hat, dass das Wort Gottes (siehe Elija) sie angeht und betrifft und ihnen Hoffnung und Zuversicht schenken will. Kurz: die Hauptaufgabe des Pfarrgemeinderates wird es aus meiner Sicht sein, Taborerlebnisse zu ermöglichen. Gerade jetzt nach dieser langen Zeit der Pandemie brauchen wir das mehr denn je.
Das hört sich im ersten Moment vielleicht sehr hochtrabend an. Aber es geht natürlich nicht darum, dass wir jetzt permanent “spirituell high” sind. Es können auch ganz kleine Gesten, Aktionen, Veranstaltungen sein, die das schon bewirken. Für Tabor muss es nicht immer ein hoher Berg sein, sondern kann auch schon ein kleiner Hügel genügen. Und Tabor heißt übrigens nicht nur “Gottesdienst”, sondern Highlights im Glauben finden auf ganz unterschiedlichen Ebenen und in ganz unterschiedlichen Kontexten statt.
Und was ebenfalls wichtig ist: diejenigen, die sich nun für den Pfarrgemeinderat zur Verfügung stellen, dürfen dabei nicht allein gelassen werden, nach dem Motto: nun lehnen wir uns mal zurück und lassen die machen. Ganz im Gegenteil: Der Pfarrgemeinderat ist ein Koordinierungsgremium in all dem. Aber es werden sich sicher verschiedene Projektgruppen bilden, bei denen dann jeder und jede mitmachen kann. Und dazu lade ich auch alle ausdrücklich und ganz herzlich ein. Vielleicht sagt sich der eine oder die andere: Pfarrgemeinderat ist nicht so meins, aber hier oder da könnte ich mir gut vorstellen, in der Pfarrei mitzumachen; da kann ich nur sagen: “Ja bitte, herzliche Einladung.” Dazu muss man auch nicht unbedingt ein regelmäßiger Kirchgänger sein. Gerade ein kritischer Blick von außen tut Kirche und Gemeinde immer sehr gut. Nur über Kirche meckern – so viel Angriffsfläche sie im Moment auch bietet – hilft ja auf Dauer nicht. Veränderung geschieht nur durch Beteiligung – und dazu lade ich alle ganz herzlich ein. Ich würde einmal sagen: in unserer Pfarreiengemeinschaft sowohl bei Ehrenamtlichen als auch bei Hauptamtlichen besteht eine sehr große Offenheit, vieles anzugehen und zu verwirklichen, Tabor also auf ganz unterschiedliche Art und Weise und für die unterschiedlichsten Menschen heute erlebbar zu machen.
Je mehr uns das gelingt, desto mehr ist Kirche vor Ort attraktiv und lebendig. Ich bitte Sie: helfen Sie dazu mit. Amen.
Weitere Informationen zur Pfarrgemeinderatswahl in unserer Pfarreiengemeinschaft finden Sie auf dieser Homepage: